Bericht Saarbrücker Zeitung 28.07.2020
Knapp zwei Monate vor der Wahl eines neuen SFV-Präsidenten gibt es ein überraschendes Gesprächsangebot der Opposition. Von Patric Cordier
SAARBRÜCKEN | Am Samstag, 19. September, bekommt der größte Einzelsportverband des Saarlandes einen neuen Präsidenten. Denn dann findet ab 9 Uhr in der Saarbrücker Saarlandhalle der ordentliche Verbandstag des Saarländischen Fußball-Verbandes (SFV) statt. Um die drei Kandidaten, den bisherigen Vize-Präsidenten Adrian Zöhler, Fußball-Lehrer Udo Hölzer und den ehemaligen Regierungssprecher Thorsten Klein, haben sich Lager gebildet, die bislang unvereinbar schienen (wir berichteten).
Deswegen will Kandidat Klein nun einen neuen Weg einschlagen. „Die Pandemie hat unser Leben verändert. Statements, die vor einem Jahr oder auch nur einem halben Jahr Gültigkeit hatten, haben heute in vielen Bereichen nur noch eine beschränkte Aussagekraft“, sagt Klein: „Es geht um die Zukunft der Sportart, und es geht um die Zukunft unserer Vereine. Vor dieser Kulisse müssen persönliche Interessen in den Hintergrund treten. Wir brauchen eine Allianz für den Fußball hier im Land, und darum müssen wir alle an einen Tisch bekommen.“
Klein hatte im vergangenen Jahr mit der Initiative „Vereine Vor“ erstmals in der Geschichte des Verbandes eine öffentliche Opposition zum bestehenden Vorstand ins Rollen gebracht, mit einer Unterschriftenaktion einen außerordentlichen Verbandstag eingefordert. Im Herbst hatte der Verein Saarländische Sportjournalisten (VSS) eine Podiumsdiskussion mit den drei Kandidaten durchgeführt, seither ist dem Vernehmen nach das persönliche Verhältnis zwischen den Bewerbern eher abgekühlt.
„Ein Wahlkampf ohne zu polarisieren, das ist nur schwer möglich. Das birgt allerdings die Gefahr einer tiefgreifenden Spaltung des Verbandes. Und diese Gefahr erscheint uns heute größer als vor einem Jahr“, betont Klein, „aber genau das ist es, was wir in der aktuellen Situation am wenigsten gebrauchen können. Wir müssen alle Kräfte bündeln, den Vereinen zu helfen, ihre so wichtige Arbeit für unsere Gesellschaft fortzuführen. Corona hat uns doch allen vor Augen geführt: Es geht nur mit einem gemeinsamen Kraftakt. Mit Vernunft und Verstand.“
Klein will bei einem Gespräch mit Zöhler und Hölzer die „Lager-Denkweise“ aufbrechen. Es sei ihm und seiner Gruppe immer um die Sache und nie um die Posten gegangen. „Andere große Sportverbände finden nicht einmal einen neuen Präsidenten“, sagt Klein, „der Fußball ist in der überaus glücklichen Situation, dass über 30 Leute bereit sind, in verschiedenen Vorstandspositionen Verantwortung zu übernehmen.“ Bislang hatten alle Beteiligten konsequent ausgeschlossen, bei einem gemischten Vorstandsteam dabei sein zu wollen. „Es darf keine Denkverbote mehr geben“, sagt Klein, der eine Schlammschlacht um den Spitzenposten und ein Postengeschachere vehement ablehnt: „Wir sollten uns nicht gegenseitig schlechtmachen. Wir müssen möglichst stark sein, um die Vereine stark machen zu können.“
War die Kritik am aktuellen SFV-Vorstand vor einem Jahr sehr laut und heftig, ist sie in den vergangenen Monaten deutlich leiser geworden. Die Durchführung des virtuellen Verbandstages und dessen Entscheidungen seien „ordentliche Arbeit“ gewesen, bestätigt auch Kritiker Klein, der weiß, „dass sich Menschen in Zeiten größter Verunsicherung eher für ein bestehendes System entscheiden“.
„Vereine Vor“ hat von Beginn an immer wieder seine Kommunikationsbereitschaft in den Mittelpunkt gestellt. Die neue Gesprächsinitiative könnte man aber auch als Reaktion auf die eher gesunkenen Chancen bei einer Kampfabstimmung sehen. „Es wird sicher Leute geben, die uns jetzt vorwerfen, kalte Füße bekommen zu haben. Diesen Reflex kann ich verstehen“, so Klein, „wir haben darüber sehr lange und auch sehr emotional diskutiert. An unserer Haltung hat sich nichts geändert.“
„Vereine Vor“ will seinen Appell an die Mitbewerber darum als „Reichen der Hand“ verstanden wissen und keineswegs als „Rückzugsgefecht“. Aufgeben wollen Klein und seine Mitstreiter auf keinen Fall. „Es wird keinen Rückzug geben“, betont der gelernte Journalist, „wenn die Vereine uns auffordern, die Kandidatur durchzuziehen, werden wir das tun. Und selbst wenn wir dann keine Mehrheit finden würden, würden wir – in welcher Form auch immer – weitermachen.“
Bevor darüber nachgedacht wird, soll aber jetzt möglicherweise ein gemeinsamer Weg mit den Mitbewerbern gefunden werden. „Jetzt das Gespräch mit allen zu führen, ist vielleicht die schwierigere Variante.“, sagt Thorsten Klein, der am Montag Kontakt zu Zöhler und Hölzer aufgenommen hat, „aber wir müssen einfach in einer nie dagewesenen Lage neu denken und neu bewerten, um zu Entscheidungen zu kommen, die das Beste für die Vereine und unsere Sportart sind.“
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